Auf einem unbebauten Grundstück am Seniorenheim Haus Wiesenblick könnte ein neues Quartier mit bis zu 16 Wohnungen entstehen. Eine Baugemeinschaft soll die Idee umsetzen. Von Gottfried Mahling
Künftige Nachbarn lernen sich frühzeitig kennen. Die Kosten sind niedriger, unter anderem weil die Grunderwerbsteuer wegfällt. Individuellere Planung und Bauberatung sind möglich. Diese und noch weitere Vorteile bietet eine Baugemeinschaft gegenüber einem Wohnträgerprojekt. Allerdings muss sich zunächst einmal eine ausreichende Zahl an bauwilligen Bürgern zusammenfinden, damit der Spatenstich überhaupt erfolgen kann. Darauf hoffen nun Michelfelder Gemeindeverwaltung und Gemeinderat im Fall der Projektidee „Wohnen im Quartier Wiesenblick“. Der Stuttgarter Stadtplaner Professor Richard Reschl stellte bei der Gemeinderatssitzung am Mittwoch letzter Woche das Konzept erstmals öffentlich vor. Angestrebt werde ein generationenübergreifendes Quartier mit eigenem Charakter in einer generationenoffenen Baugemeinschaft. Per Definiton des Bundesverbands der Baugemeinschaften ist eine Baugemeinschaft ein „Zusammenschluss von privaten Haushalten, die durch gemeinsames Planen und Bauen individuellen Wohn- und gemeinsamen Lebensraum schaffen.“
2200 Quadratmeter
Richard Reschl bezeichnet das gemeindeeigene, rund 2200 Quadratmeter große, derzeit unbebaute Grundstück als „Filetstück“. Im Norden wird es vom Riedgraben und im Süden von der Wiesenstraße begrenzt. Direkt östlich grenzen das Seniorenheim „Haus Wiesenblick“ und die Bürkhofstraße an. Ziel sei die Entwicklung eines lebendigen Quartiers, das sich „nicht an eine bestimmte Zielgruppe richtet“, so Reschl. Der Außenbereich, auf dem Grillplatz, Ruhezone und Hausgarten entstehen könnten, soll gemeinschaftlich genutzt werden. Geplant sei auch eine Tiefgarage mit Nebenräumen. Noch offen blieb bei der jüngsten Gemeinderatssitzung, ob eine kleinteiligere Variante mit vier kleineren Häusern oder eine Variante mit zwei großen Häusern gewählt wird. Die Entscheidung dazu steht in der kommenden Ratssitzung im Oktober an. Bei der Variante mit Häusern sind die insgesamt 14 Wohneinheiten zwischen 65 und 90 Quadratmeter groß. Bei der Zwei-Gebäude-Variante wären auch Wohnungen mit über 100 Quadratmetern möglich, die möglicherweise für junge Familien interessant sind..“
Hohe Energieeffizienz
Die Häuser verfügen in beiden Varianten über Erdgeschoss, Obergeschoss und Dachgeschoss. Ein Aufzug wäre allerdings nur in der Zwei-Häuser-Variante denkbar. Die beiden Gebäude wären über eine Pergola miteinander verbunden und könnten somit mit nur einem Aufzug barrierefrei erschlossen werden, erläuterte Reschl seine Idee. Um ökologische Qualitätsstandards zu erreichen, sollen die Gebäude in Holzständerbauweise errichtet werden. Laut Reschl soll mindestens der Standard KfW40 erreicht werden, der nach heutigem Stand als besonders energiesparend gilt. Der Weg zum neuen Wohnquartier soll nun folgendermaßen aussehen: Der Gemeinderat gewährt der Reschl Kommunale Projektentwicklung GmbH für ein Jahr die Option zum Kauf des kommunalen Grundstücks. In der nächsten Ratssitzung im Oktober entscheiden sich die Gemeinderäte dann für eine der beiden Varianten mit vier oder zwei Häusern. Anschließend soll das Projekt in einer öffentlichen Veranstaltung vorgestellt werden, um zu erfahren, ob in der Bevölkerung tatsächlich ausreichend Interesse besteht. Sollte dies der Fall sein, sollen die Planungen konkretisiert und die Baugemeinschaft gegründet werden. Unter Betreuung der Reschl GmbH würde das Wohnquartier dann gebaut werden. Für die Gemeinde entstehen dabei keinerlei Kosten. Diese würden komplett durch die Baugemeinschaft getragen. Für einen unkomplizierten Ablauf der Planung könnte der Umstand sorgen, dass der Bebauungsplan Riedgraben für das Wohnbauprojekt nicht geändert werden müsste.
Seniorenwohnheim 2020 eingeweiht
In direkter Nachbarschaft der für das Wohnquartier vorgesehen Fläche befindet sich das von der Diakoneo Altenhilfe betriebene Seniorenheim Haus Wiesenblick. In vier jeweils autark organisierten Wohngruppen können bis zu 15 Personen in Einzelzimmern zusammenleben. Im Frühjahr 2020 wurde das Pflegeheim nach rund anderthalbjähriger Bauzeit fertiggestellt.