Stadtplaner Richard Reschl stellt in Fichtenau ein Projekt zum Thema „Junges Wohnen im lebendigen
Quartier“ vor. Das Fazit fällt durchweg positiv aus. Jetzt wird erstmal ein Grundstück gesucht. Von Jens Sitarek
Professor Richard Reschl aus Stuttgart hat sich in einigen Kommunen im Landkreis Schwäbisch Hall einen Namen gemacht. Er ist mit seinem Büro Reschl Stadtentwicklung überall dort gefragt, wo es um Konzepte für Gemeinde und Stadtentwicklung geht, sei es in Michelfeld, Gaildorf, Blaufelden, Kirchberg, Fichtenau. In der vergangenen Woche ist Reschl wieder in Fichtenau. „Planung eines Wohnquartiers in Fichtenau“, so steht auf der Tagesordnung des Gemeinderates. Diesmal spricht Reschl, Jahrgang 1949 („Ich bin so alt wie die Bundesrepublik“), als Vertreter von Reschl Kommunale Projektentwicklung. Er habe noch mal ein neues Büro ins Leben gerufen, sagt er. Warum? Es sei ihm darum gegangen, nicht immer nur Probleme zu benennen.
Reschl attestiert der Gemeinde einen „Nachholbedarf bei der Bevölkerungsentwicklung“, es gibt vor allem einen großen Wanderungssaldo bei jungen Erwachsenen. Dies zeigen Daten des Statistischen Landesamtes. Um was gegen Abwanderung zu tun, hat Reschl eine Projektidee mitgebracht, überschrieben ist die Präsentation mit „Junges Wohnen im lebendigen Quartier“. So was sei „von der Gemeindeentwicklung her unglaublich wichtig“, betont er.
Reschl ist nicht nur Stadtplaner, Professor und Berater, sondern auch Soziologe. Seine Projektidee sei als „ein sozialpolitischer Beitrag“ zu begreifen. Dass vor allem die Jungen wegziehen, liege auch an der Form von Wohnen. Weil es nichts Passendes für sie gebe. Und dann sagt Reschl einen Satz, der eigentlich fast immer funktioniert: „Schöner wär’s, wenn’s schöner wär.“
Nicht jeder denke gleich an einen Bauplatz für ein Einfamilienhaus, so Reschl weiter. „Einsteigerimmobilie“ heißt die Lösung. Im europäischen Vergleich sei die Eigentumsquote in Deutschland gering. Für die junge Generation würde es darum gehen, sich abzusichern. „Die werden es nicht so einfach haben wie meine Generation“, sagt Reschl.
Günstiger als beim Bauträger Und damit zurück zur Projektidee für Fichtenau: Zielgruppe junge Menschen zwischen 20 und 35 Jahren, kleines Quartier mit eigenem Charakter, gemeinschaftliches Wohnen – und eine Baugemeinschaft soll es werden. Der Vorteil: 15 bis 20 Prozent günstiger als bei einem Bauträger. Der Zeitrahmen für die Gründung der Baugemeinschaft liegt bei zwölf Monaten.
In Böhmenkirch, Landkreis Göppingen, 6000 Einwohner, arbeiten Reschl und Partner schon an einer Umsetzung der Idee. Dort sollen auf einem 1638 Quadratmeter großen Grundstück vier Gebäude in Holzständerbauweise entstehen. Vorgesehen sind zwölf Wohneinheiten. Einen Innenhof gibt es auch, es soll sich Nachbarschaft entwickeln. Und das Ganze soll sich natürlich an der Umgebungsbebauung orientieren, wie es immer so schön heißt.
Zwei Zwei-Zimmer-Wohnungen mit 64 Quadratmetern sind es in Böhmenkirch, der Rest Drei bis Dreieinhalb-Zimmer-Wohnungen. Wohnfläche insgesamt: 922 Quadratmeter. Die Grundrisse seien bewusst offen konzipiert, betont Reschl, damit man nicht ausziehen müsse, wenn das erste Kind komme.
Regionale Verankerung Bei den Projektpartnern greift Reschl auf sein Netzwerk zurück. Zwei Grundprinzipien sind ihnen wichtig: die Aufträge an örtliche und regionale Handwerker zu vergeben und die Finanzierung an eine Bank in der Nähe. „Eine regionale Verankerung des Projektes ist gut“, so formuliert es Reschl. Schließlich gehe es darum, dass man sich mit dem Projekt identifiziere.
Die Reaktionen aus dem Gemeinderat fallen durchweg positiv aus. „Sehr spannend“ findet Martin Bleicher das Projekt. „Ich höre Ihnen gerne zu“, sagt Herbert Kaspar. Und Peter Trampert: „Für mich klingt das alles gut. Ich kann mir vorstellen, dass das ein Weg ist.“ „Ob das die Bürgerinnen und Bürger auch so sehen?“, fragt sich Bürgermeisterin Anja Schmidt-Wagemann. „Das sollten wir probieren und die Chance nicht ungenutzt lassen“, entgegnet sie. Was für die Gemeinde ein wichtiger Punkt sei: „Uns selber entstehen keine Kosten.“
„Sie können sich überlegen, ob das was für Sie ist. Dann würde ich mich sehr freuen“, sagt Reschl nach seiner Präsentation und fügt hinzu: „Es soll wirklich was Besonderes sein, einen Beitrag zur Baukultur leisten.“ Er wolle nicht nur einen Block bauen, wo dann Leute einziehen. „Der Anspruch ist schlichtweg ein anderer.“
Schließlich befürwortet der Fichtenauer Rat die besondere Planung einstimmig. Jetzt sucht Richard Reschl erstmal ein privates oder kommunales Grundstück, möglichst eine Baulücke, möglichst rechteckig oder quadratisch und 1600 bis 1800 Quadratmeter groß. Wer was anzubieten hat, soll sich bei der Gemeinde melden.