Enslingen soll attraktiver werden:

Bei einer Bürgerveranstaltung erfahren knapp 50 Interessierte, wie ihr Heimatort Enslingen durch das „Quartier Klingenweg“ in der Ortsmitte aufgewertet werden könnte.
Erschienen in der Südwestpresse/Haller Tagblatt am 30.11.2024:
Von Corinna Janßen

Wachsende Wohngebiete am Ortsrand führen zu Leerstand im Ortskern. Der sogenannte Donut-Effekt ist auch in Dörfern im Landkreis Schwäbisch Hall zu beobachten – unter anderem im Untermünkheimer Ortsteil Enslingen. Durch das Förderprogramm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“ des Landes Baden-Württemberg soll diesem Trend entgegengewirkt werden. Wie so etwas aussehen kann, erfuhren knapp 50 Interessierte vergangenen Mittwoch bei einer Bürgerveranstaltung.
Bereits zu Beginn der Veranstaltung im Bürgerhaus von Ens-lingen machte Bürgermeister Matthias Groh deutlich, dass es sich bei der Vorstellung des Konzepts „Quartier Klingenweg“ um eine erste Idee handle, die „nicht in Stein gemeißelt ist“. Der Kern des Ganzen sei ein städtebauliches Konzept, um die Ortsmitte von Enslingen mit Leben zu füllen. Man wolle mit den Bürger und Bürgerinnen ins Gespräch kommen und Anregungen in weitere Planungen mit einfließen lassen, betonte der Rathauschef.
Die Reschl Kommunale Projektentwicklung GmbH aus Stuttgart hat den ersten Entwurf für das „Quartier Klingenweg“ entworfen. Es handelt sich bei dem Areal zwischen Langenburger Straße, Klingenweg und einem Teil der Kirchstraße um eine Fläche von 2346 Quadratmetern. Diese Fläche ist bebaut, jedoch sind die Gebäude überwiegend in marodem Zustand. Fast alle Grundstücke sind im Eigentum der Gemeinde Untermünkheim.


Gemischte Wohnformen
Im „Quartier Klingenweg“ ist angedacht, gemischte Wohnformen anzubieten. Nach dem ersten Entwurf könnten dort zwölf neue Wohneinheiten entstehen: zwei Einfamilienhäuser, zwei Doppelhaushälften und zwei Mehrfamilienhäuser mit je vier Wohnungen. Die Gebäudehöhen wurden dem abschüssigen Gelände entsprechend moderat geplant und fügen sich in das Ortsbild ein. Das Quartier eignet sich für Familien, Senioren und auch junge Leute. Viele Bäume, großzügige Grünflächen, ein Zugang zum Ensel-bach, ein gemeinschaftlicher Kräutergarten und Grillplatz versprechen qualitätsvolles Wohnen für alle Generationen. Die Parkflächen für die Mehrfamilienhäuser liegen am Rande Richtung Langenburger Straße. Durch entsprechende Vorkehrungen soll das Starkregenrisiko im angedachten Areal reduziert werden.
Professor Dr. Richard Reschl, geschäftsführender Gesellschafter der Reschl Kommunale Projektentwicklung GmbH, erläuterte bei der Vorstellung des Konzepts, dass der tägliche Flächenverbrauch in Baden-Württemberg im Jahr 2022 bei 4,6 Hektar lag. Ziel der Landesregierung sei es, diesen Verbrauch bis 2030 auf null zu senken. Dieses Ziel sei ambitioniert.
Die Reschl Kommunale Projektentwicklung GmbH legt ihren Schwerpunkt auf die Aktivierung von Baulücken, Leerständen und die Nachverdichtung. Reschl betonte, dass es darum gehe, nicht gegen, sondern mit den Grundstückseigentümern zu entwickeln. In Untermünkheim gebe es 41 Baulücken mit rund 3,8 Hektar Fläche. 25 Flächen hätten Nachverdichtungspotential, weitere 88 Flächen Nachverdichtungspoten-tial in zweiter Reihe. Es gebe im Gemeindegebiet 37 Leerstände. Seine Mitarbeiterin Johanna Rapp ging explizit auf die Konzeption ein und erläuterte den Entwurf. „Was uns sehr wichtig war, ist, dass der Dorfcharakter erhalten bleibt“, sagte Professor Reschl.


Ein Ortsmittelpunkt fehlt
Bei der anschließenden Fragerunde gingen viele Arme in die Höhe. Ein Bürger wollte wissen, wie viele Wohneinheiten das Areal im Moment hat. Es sind sieben. Ein weiterer Bürger war skeptisch bezüglich des Starkregenrisikos. Er monierte, dass die Klingen bei Enslingen seit Jahren nicht mehr gereinigt werden. Der Enselbach könne schnell anschwellen. Wie so etwas enden kann, habe man in Braunsbach gesehen. Dass bei der Konzeption kein Ortsmittelpunkt geschaffen wurde, merkte ein anderer Zuhörer an. Gerade das sei bei einer Innenentwicklung aber wichtig. „Hier im Ort kann man sich nirgends treffen“, monierte er. Bürgermeister Groh betonte erneut: „Es ist ein Test-entwurf, es ist eine Idee!“
Professor Reschl war der Meinung, dass das Quartier innerhalb von fünf Jahren umgesetzt werden könnte. Zuallererst wäre jedoch wichtig, „ob Sie das Grundprinzip teilen“. Er nannte Aspekte für die Innenentwicklung: Das, was entsteht, müsse eine dorfverträgliche Struktur haben. Verschiedene Wohnformen sollten entstehen, denn junge Leute im Alter zwischen 20 und 35 Jahren ziehe es aus den Dörfern. Diesem Trend müsse mit einem attraktiven Angebot entgegengewirkt werden.
Eine wahrnehmbare Abneigung gegen die ersten Pläne zeigten die Anwesenden nicht. Auf die Frage, ob die Mehrfamilienhäuser durch einen Bauträger realisiert werden, entgegnete Reschl abschließend: Man müsse in eine andere Richtung denken. Konkret schlug er vor, in Gemeinschaft zu bauen oder als Baugruppe. Dies würde bedeuten, dass sich einzelne Bürger zusammentun und gemeinsam ein Projekt angehen. So könnten Kosten gespart und die planerischen Vorgaben eingehalten werden.

Der tägliche Flächenverbrauch
im Land Baden-Württemberg im Jahr 2022 lag bei 4,6 Hektar.
Professor Dr. Richard Reschl
Geschäftsführender Gesellschafte

So soll das Vorhaben weitergehen
Nach der Vorstellung des ersten städtebaulichen Konzepts sollen die Planungen gegebenenfalls ergänzt und angepasst werden. Der nächste Schritt ist, ein Baurecht zu schaffen. Letztlich muss der Gemeinderat das Okay zur Entwicklung des Areals geben.

Enslingen soll attraktiver werden: